Epilepsie - Behandlung durch ketogene Diät
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Epilepsie – Behandlung durch ketogene Diät

Die ketogene Diät kann bei Epilepsiepatienten zu einer deutlichen Besserung der Symptome führen – gerade bei Medikamentenunverträglichkeit eine gute Option!

Epilepsie ist die häufigste neurologische Erkrankung weltweit. Ihre Symptome reichen von Muskelzuckungen bis hin zur Ohnmacht. Besonders Kinder und ältere Menschen sind von Epilepsie betroffen. Heute kann man diese Erkrankung recht gut mit Medikamenten und gegebenenfalls auch Operationen behandeln. Aber was ist, wenn die Medikamente beim Patienten nicht anschlagen und eine Operation nicht möglich ist?

Was ist Epilepsie überhaupt?

Bei der Epilepsie handelt es sich um eine Krankheit, bei der immer wieder Nervenzellen im Gehirn übermäßig aktiv sind – entweder in beiden Hirnhälften (generalisierte Anfälle) oder in einzelnen Hirnbereichen (fokale Anfälle). Wenn sich viele Gruppen dieser Nervenzellen gleichzeitig entladen, führt dies zu einem epileptischen Anfall. Ein solcher Anfall stellt eine vorübergehende und plötzlich auftretende Funktionsstörung dar, die meist nicht länger als zwei Minuten andauert. Zwischen den Anfällen sind Betroffene meist beschwerdefrei.

Welche Komplikationen sind möglich?

Komplikationen epilepsie
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Ein typisches Anzeichen für einen epileptischen Anfall sind offene, starre, leere oder verdrehte Augen. Es gibt aber weitere Symptome, die sehr unterschiedlich ausfallen können. So treten häufig Bewusstseinsstörungen, Zuckungen Krämpfe und Bewegungsstörungen auf.
Im Rahmen dieser Anfälle kann es zu folgenden Komplikationen kommen:

  • Verletzungen: Es kann vorkommen, dass ein Epileptiker währen eines Anfalls stolpert, sich an Gegenstände stößt oder auf die Zunge beißt.
  • Status epilepticus: Ein Status epilepticus ist ein länger anhaltender schwerer epileptischer Anfall, der sich ohne zwischenzeitliche Erholungen wiederholen kann. Da das Gehirn dabei nicht mehr ausreichend Sauerstoff bekommt, erfordert dieser Zustand eine schnelle und intensivmedizinische Hilfe.
  • SUDEP: SUDEP steht für „sudden unexpected death in epilepsy patients“. Dabei verstirbt ein Epileptiker plötzlich und unerwartet. Allerdings ist dies sehr selten der Fall. Die Ursache für den plötzlichen Tod sind noch nicht vollständig geklärt. Eine mögliche Erklärung wäre aber eine gehemmte Herz-Lungen-Funktion nach einem generalisierten Anfall.

Epilepsie durch Ernährungsumstellung behandeln

Die Komplikationen für Epileptiker während eines Anfalles sind wirklich nicht zu unterschätzen. Deshalb ist es umso wichtiger, dass die Epilepsie behandelt wird. Neben den geläufigen Therapiemethoden in der Medizin kann sich hier auch eine Umstellung der Ernährung bewähren.

Bereits Hippokrates hat die positiven Effekte des Fastens auf Epilepsiepatienten festgestellt. Allerdings konnte man lange keine brauchbaren Schlüsse aus der Tatsache ziehen, dass sich die Zahl der Anfälle unter Nahrungsverzicht verringert. Erst in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts entdeckten amerikanische Ärzte, dass man den Fastenzustand auch ohne Hungern imitieren kann, wenn man dem Körper fast ausschließlich Fette anbietet. So entstand die ketogene Ernährung.
Dabei wird die Ernährung auf fettreiche und kohlenhydratreduzierte Produkte umgestellt. Der Stoffwechsel stellt sich dabei so um, dass der Körper seine Energie vorrangig aus Ketonkörpern bezieht. Diese chemischen Verbindungen entstehen bei der Fettverbrennung in den Körperzellen.
Durch die Ernährungsumstellung kann die Anzahl der epileptischen Anfälle verringert werden. Es ist zwar noch nicht geklärt, warum diese Diät antiepileptisch wirkt. Vermutet wird aber ein Effekt durch die Ketonkörper, die Veränderung des Säure-Basen-Haushaltes des Körpers oder durch die gesteigerte Fettkonzentration im Blut.

Die ketogene Diät wird meist jedoch nur bei schwer therapierbaren Formen angewendet, wenn Medikamente nicht helfen oder für den Betroffenen eine Operation nicht in Frage kommt. Oft ist dies bei Kindern der Fall.

Durchführung ketogene Diät

Einleitung ketogene Ernährung stationär
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Eine ketogene Diät kann nur in Zusammenarbeit des Patienten (und ggf. der Eltern) mit einem Team aus erfahrenen Ärzten und Ernährungsberatern gelingen. Sie sollte stationär eingeleitet werden, da Probleme bei der Stoffwechselumstellung schnell und effektiv behandelt werden können. Außerdem ran dadurch eine intensive Schulung von Patient und Angehörigen erfolgen. Die Dauer der Diät richtet sich danach, ob und wie gut der Patient auf diese reagiert. Bei einer guten Verträglichkeit und einer Reduzierung der Anfälle behalten Patienten die Diät bis zu 2 Jahre oder auch länger bei.

Einleitung der ketogenen Diät in der Klinik

Um die Ketose zu beschleunigen, erfolgt in der Regel als erstes ein initiales Fasten, bis die ersten Ketone im Urin nachweisbar sind. Dabei erhält der Patient die letzte Mahlzeit am Abend vor der stationären Aufnahme. Die Antiepileptika werden ganz normal weiter eingenommen. Während des Fastens dürfen die Patienten nur kohlenhydratfreie Getränke wie Wasser oder ungesüßten Tee zu sich nehmen.

Wenn Ketone im Urin nachgewiesen wurden, muss alle 4-6 Stunden eine Bestimmung der Blut- und Urinketone, des Blutzuckers und der Blutgase erfolgen.
Die erste ketogene Mahlzeit (1/3 der Tagesmenge) bekommt der Patient in einem 4:1 oder 3:1 Verhältnis von Fett zu Kohlenhydraten und Protein, wenn der Blutketonwert bei mindestens 2 mmol/l liegt, spätestens aber nach 24 Stunden bei Säuglingen bzw. 48 Stunden bei Kleinkindern. Je nach Verträglichkeit wird die Mahlzeit in den nächsten 2 bis 3 Tagen auf die volle Menge gesteigert. Als Alternative bietet sich hier auch die schrittweise Steigerung aller Mahlzeiten an (z.B. 1:1, 2:1, 3:1, 4:1).
Die Diät kann auch ohne Fasten eingeleitet werden. Dabei wird die Ernährung schrittweise von der normalen Kost auf die ketogene Diät umgestellt. Das Vorgehen entspricht hier dem oben genannten Vorgehen nach dem Fasten.

Weiterführung der ketogenen Diät zuhause

Bei beiden Vorgehensweisen erfolgt während des stationären Aufenthalts eine Schulung des Patienten und seines Betreuers im Umgang mit der Diät und der Messung der Blut- und Urinwerte. Nach abgeschlossener Schulung erfolgt durch den Ernährungsberater bei stabiler Ketose und vollem ketogenem Kostaufbau die Entlassung.

Patienten sollten sich strickt an ihren Diätplan halten und nach der Entlassung regelmäßig die Ketose überprüfen. Dazu messen die Patienten diese täglich mittels Urinteststreifen. Sobald eine stabile Ketose erreicht ist, genügen punktuelle Tests 2-3 mal die Woche.
Treten Komplikationen wie Infektionen oder das Wiederaufleben der Anfälle auf, sollte eine Messung der Blutketone mit einem entsprechenden Messgerät erfolgen und Rücksprache mit dem behandelnden Arzt gehalten werden.
Frühestens nach 3 Monaten konsequenter und stabiler Ketose man den Erfolg beurteilen.

Nebenwirkungen ketogene Diät

Während der Diät können vereinzelt Nebenwirkungen auftreten:

  • in der Einleitungsphase: Unterzuckerung (speziell während der Fastenperiode), Erbrechen, Durchfall und Nahrungsverweigerung
  • während der ambulanten Nachsorge: Krampfanfälle u.a. bei Diätfehlern, die z.B. durch „versteckte“ Zucker (Zahnpasta, Hustensaft etc) zu einem Verlust der Ketose führen; verstärkte Azidose (Störung des Säure-Basen-Haushaltes) durch Flüssigkeitsmangel im Rahmen von Infekten, Fieber und Erbrechen
  • mittelfristige Nebenwirkungen: Verstopfungen, Nierensteine, und erhöhter Cholesterinspiegel

Vorteile vs Nachteile katogene Diät

VorteileNachteile
  • bei erfolgreicher Diät kann Medikamentengabe reduziert oder sogar beendet werden

  • kann zur Anfallsfreiheit führen – nicht nur für die Zeit der Diät, sondern auch danach noch

  • Patienten sind leistungsfähiger

  • Kinder machen nicht selten Entwicklungsfortschritte, die vorher nicht möglich schienen

  • Kochbücher, Internetseiten und Onlineshops zum Thema ketogene Ernährung helfen bei Wahl der richtigen Lebensmittel
  • aufwendiger als Medikamenteneinnahme

  • nicht einfach umzusetzen, da auf versteckte Kohlenhydrate geachtet werden muss

  • erfordert extrem viel Disziplin

  • Nahrungsergänzungsmittel nötig, da die ketogene Diät keine ausgewogene Ernährung darstellt

  • Nebenwirkungen möglich

Fazit

Die ketogene Diät bietet sowohl Vorteile als auch Nachteile. Für alle Patienten, die nicht auf Medikamentengabe ansprechen und auch nicht operiert werden können, stellt diese Diät aber trotzdem eine Möglichkeit dar, die Epilepsie zu therapieren. Wenn die Patienten die Diät gut vertragen und diese auch penibel einhalten, stehen die Chancen auf Besserung der Epilepsie recht gut.
Auch Patienten, die Ihre Medikamente schlichtweg aufgrund der Nebenwirkungen nicht nehmen wollen, kommt diese Diät in Frage, weil bei erfolgreicher Diät eventuell sogar komplett auf Medikamente verzichtet werden kann.

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