Schizophrenie
Neben Wahrnehmungsstörungen können bei der Schizophrenie auch Ich-Störungen auftreten
Krankheiten

Schizophrenie – Ursachen, Symptome und Therapie

Schizophrenie ist ein Sammelbegriff für eine Gruppe verschiedener psychischer Erkrankungen, die mit ähnlichen Symptomen einhergehen. Typisch für die Schizophrenie sind Wahrnehmungsstörungen sowie Auffälligkeiten im Bereich des Gefühlslebens.

Was ist Schizophrenie?

Unter den Begriff der Schizophrenie fallen verschiedene psychische Erkrankungen mit vielgestaltigen Krankheitsbildern. Die Schizophrenie gehört zu den sogenannten endogenen Psychosen. Der Begriff endogen bedeutet, dass die Erkrankung von innen heraus entsteht und keine begründbaren Zusammenhänge mit äußeren Erlebnissen aufweist.

Charakteristischerweise gehen die schizophrenen Störungen mit Wahrnehmungsstörungen und verflachten Gefühlsregungen einher. Auch die Klarheit des Bewusstseins und die intellektuellen Fähigkeiten können beeinträchtigt sein.

Erstmals wurde die Bezeichnung Schizophrenie von dem Schweizer Psychiater Eugen Bleuler im Jahr 1908 verwendet. Umgangssprachlich wird Schizophrenie oft mit einer Persönlichkeitsspaltung in Verbindung gebracht. Die gespaltene Persönlichkeit ist jedoch Teil der dissoziativen Identitätsstörung und nicht der Schizophrenie. Zudem wird der Begriff schizophren im Volksmund häufig fälschlicherweise synonym für ein absurdes oder unsinniges Verhalten genutzt.

Etwa 25 von 100.000 Menschen erkranken in Deutschland jährlich an einer Schizophrenie. Die Dunkelziffer liegt jedoch vermutlich deutlich höher. Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen, wobei die psychische Erkrankung bei Männern häufig früher ausbricht. So sind die meisten Männer bei der Diagnosestellung zwischen 15 und 25 Jahren alt. Frauen erkranken hingegen eher zwischen dem 20. und dem 35. Lebensjahr. Rund 20 Prozent aller betroffenen Frauen weisen die ersten Symptome sogar erst nach ihrem 40. Geburtstag auf.

Schizophrenie – Ursachen

Die genauen Ursachen der psychischen Erkrankung sind bisher ungeklärt. Vermutlich handelt es sich um ein multifaktorielles Geschehen, bei dem verschiedene Ursachen in einem Wechselspiel für die Entstehung der Erkrankung verantwortlich sind.

Eine wichtige Rolle spielen unter anderem die biologischen Faktoren. So konnte die Zwillingsforschung eine genetische Komponente der Schizophrenie nachweisen. Wenn ein Elternteil an Schizophrenie erkrankt ist, liegt das Erkrankungsrisiko für die Nachkommen bei fünf bis zehn Prozent. Erkrankt bei eineiigen Zwillingen einer der Zwillinge, hat der andere Zwilling ein bis zu 50-prozentiges Risiko ebenfalls an Schizophrenie zu erkranken. Bei zweieiigen Zwillingen sinkt das Risiko auf 21 Prozent.

Doch die Genetik kann die Entstehung der Erkrankung allein nicht erklären. Es mehren sich Hinweise, dass die Schizophrenie mit Schädigungen des frühkindlichen Gehirns, wie sie beispielsweise bei Geburtskomplikationen auftreten können, in Zusammenhang steht. So leiden vermehrt Menschen an der psychischen Erkrankung, die eine komplizierte Geburt hatten. Auch die Behandlungsprognosen fallen bei Menschen mit Geburtskomplikationen in der Biografie deutlich schlechter aus.

Ebenso können Infektionen im frühen Kindesalter Auswirkungen auf die Krankheitsentstehung haben. Insbesondere Infektionen mit Viren wie dem Herpes-simplex-Virus Typ II oder Influenza-Viren, mit Borrelien und dem Bakterium Toxoplasma gondii stehen in Verdacht, das Ausbrechen einer Schizophrenie zu begünstigen.

Schon zu Beginn der Erkrankung finden sich im Gehirn der Patienten Auffälligkeiten. So zeigen sich Struktur- und Funktionsanomalien. Unter anderem weisen einige schizophrene Patienten erweiterte Hirnventrikel oder auch einen Mangel an Nervenfasern im Bereich der limbischen Strukturen und des Temporallappens auf. Allerdings ist zu beachten, dass diese Auffälligkeiten auch bei nicht schizophrenen Menschen auftreten können.

Fest steht jedoch, dass es bei der Schizophrenie zu Veränderungen im Neurotransmitterhaushalt kommt. Insbesondere der Botenstoff Dopamin spielt hier eine Rolle. Einige Nervenzellen, die Dopamin als Botenstoff nutzen, reagieren während der Psychose überaktiv, andere sind hingegen in ihrer Aktivität gehemmt. So lassen sich auch die für die Schizophrenie typischen Positiv- und Negativsymptome erklären.

Neben diesen biologischen können ferner toxische Faktoren die Entstehung der schizophrenen Psychose begünstigen. So können bewusstseinsverändernde Substanzen wie der Cannabiswirkstoff THC bei Menschen mit einer genetischen Anfälligkeit eine Schizophrenie auslösen. Insbesondere die Kombination aus Amphetaminen mit Cannabis ist ein großer Risikofaktor. Auch andere Rauschmittel wie LSD, Alkohol und Kokain können eine Schizophrenie forcieren.

Schon recht früh erkannten Mediziner und Psychologen zudem den Einfluss von hormonellen Faktoren auf die Krankheitsentstehung. Die Östrogene aus der Gruppe der weiblichen Geschlechtshormone beeinflussen das Neurotransmittersystem. Sie sorgen für eine verbesserte Durchblutung des Gehirns, regen das Wachstum der Nervenzellen an und schützen allgemein betrachtet das Nervensystem. Studien zeigten, dass bei schizophrenen Frauen die Zyklen deutlich unregelmäßiger waren als bei gesunden Frauen. Sowohl die Östrogen- als auch die Progesteronspiegel sind häufig erniedrigt.

Auch psychosoziale Faktoren können die Anfälligkeit für eine Schizophrenie erhöhen. Dazu gehören insbesondere schwere Vernachlässigungen in den ersten Lebensjahren sowie Defizite in der Ich-Entwicklung. Ursprünglich wurde angenommen, dass ein entsprechendes Familienmilieu eine Schizophrenie auslösen kann. Diese Vermutung konnte zwar nicht aufrechterhalten werden, jedoch spielen die Zuwendung und Unterstützung in der Kindheit durchaus eine Rolle bei der Entstehung oder auch der Prävention der Schizophrenie.

Belastende Lebenssituationen scheinen zudem den Ausbruch der Erkrankung zu fördern. So treten die ersten Symptome oft nach der Heirat, einem Todesfall oder einem Arbeitsplatzwechsel auf. Voraussetzung für den Ausbruch der Erkrankung ist jedoch eine Anfälligkeit für die schizophrene Störung.

Schizophrenie – Symptome

Grundsätzlich lassen sich die Symptome der Schizophrenie in drei Gruppen unterteilen: Positivsymptome, Negativsymptome und kognitive Symptome. Insgesamt betrachtet sind die Ausprägungen der einzelnen Symptome sehr variabel. Die Beschwerden hängen in hohem Maße von der Anfälligkeit und der Persönlichkeit des Patienten ab.

Positivsymptome, auch als Plussymptome bezeichnet, sind gegenüber dem Normalzustand eines gesunden Menschen durch einen Überschuss gekennzeichnet. Die Patienten weisen eine gesteigerte emotionale Erregung und Spannung auf. Sie leiden unter inhaltlichen Denkstörungen. Eine solche inhaltliche Denkstörung ist der Wahn. Die Patienten nehmen dabei die Wirklichkeit falsch wahr oder beurteilen sie falsch und lassen sich auch von offensichtlich gegenteiligen Beweisen nicht von ihrem Empfinden und ihrer Wahrnehmung abbringen.

Ebenso wie der Wahn gehören auch die Halluzinationen zu den möglichen Positivsymptomen, die bei einer Schizophrenie auftreten können. Bis zu 90 Prozent aller Schizophreniepatienten nehmen akustische Halluzinationen in Form von Stimmen wahr. Nicht selten treten akustische Halluzinationen und Wahn gemeinsam auf. Die Patienten hören beispielsweise Stimmen, die ihnen sagen, dass sie von Außerirdischen oder der Regierung beobachtet werden. Neben den inhaltlichen Denkstörungen können im Rahmen der Schizophrenie auch Ich-Störungen auftreten. Die Betroffenen fühlen sich von sich selbst entfremdet oder können ihr eigenes Ich nicht mehr von der Umwelt abgrenzen. Sie empfinden ihr Denken als manipuliert, auch Gefühle und Handlungen werden als fremdbestimmt wahrgenommen. Dieses Phänomen wird als Gedankeneingebung bezeichnet. Weitere Positivsymptome sind Sinnestäuschungen und motorische Unruhe.

Die Negativsymptome stehen hingegen für ein eingeschränktes Erleben der Patienten. Im Gegensatz zum gesunden Zustand stellen sie einen Mangel dar. Während Schizophrenien mit einer ausgeprägten Positivsymptomatik eher plötzlich beginnen und einen günstigen Krankheitsverlauf aufweisen, ist der Verlauf bei Schizophrenien mit überwiegender Negativsymptomatik eher langsam und ungünstig. Schon Jahre vor den eigentlichen akuten psychotischen Symptomen leiden die Betroffenen unter der Negativsymptomatik, die häufig als Leistungseinbruch oder Depression empfunden wird.

Je länger die Erkrankung dauert, desto stärker werden üblicherweise die Negativsymptome. Die Wahrnehmung, das Erleben und der Ausdruck von Emotionen sind stark eingeschränkt. Die Patienten können nur bedingt auf emotional bewegende Ereignisse reagieren. Weder erfreuliche noch bedrückende Erlebnisse scheinen sie zu berühren. Die sprachlichen Äußerungen sind eingeschränkt. Die Patienten antworten auf Fragen wortkarg und verzögert, die Sprache weist wenig Differenzierungen auf. Es besteht wenig Interesse an anderen Menschen. Auch der Kontakt zu engen Freunden, Verwandten oder dem Partner fällt schwer. Die Patienten können sich nur noch schwer konzentrieren, sie haben wenig Willenskraft und können zielgerichtetes Verhalten nicht beginnen oder nur schlecht beibehalten. Die Defizite bestehen nicht nur auf der emotionalen und sozialen, sondern auch auf der motorischen Ebene. Mimik und Gestik weisen ein deutlich reduziertes Bewegungsspiel auf. Dadurch wirken die Erkrankten distanziert und abweisend. Häufig bleiben nach einem akuten Schub mit ausgeprägter Positivsymptomatik Negativsymptome zurück. Auch eine vorübergehende depressive Episode, die sogenannte depressive Nachschwankung, ist möglich.

Die kognitiven Symptome der Schizophrenie umfassen unter anderem Gedächtnisprobleme, Planungsunfähigkeit und Aufmerksamkeitsstörungen. Die Betroffenen begreifen die Komplexität verschiedener Zusammenhänge nicht mehr. Es kommt zu einer Verarmung der sprachlichen Fähigkeiten. Im schlimmsten Fall wiederholen die Patienten stereotyp ein Wort oder einen Gedanken oder äußern unsinnige Sätze und Wörter. In diesem Fall spricht man von einer Idiolalie.

Schizophrenie – Therapie

Die Schizophrenie ist nicht heilbar, jedoch ermöglichen verschiedene medikamentöse und psychotherapeutische Verfahren den Betroffenen ein weitgehend normales und beschwerdefreies Leben.

Insbesondere in der akuten Phase der Schizophrenie ist eine medikamentöse Behandlung meist unabdingbar. In der Regel kommen dafür Antipsychotika zum Einsatz. Die klassischen und älteren Neuroleptika wirken sich hauptsächlich auf den Dopaminstoffwechsel aus. Die Nebenwirkungen sind mit parkinsonähnlichen Symptomen und einer quälenden Bewegungsunruhe allerdings drastisch, sodass zunehmend atypische Antipsychotika wie Clozapin oder Aripiprazol verordnet werden. Jedoch können auch bei den atypischen Neuroleptika schwere Nebenwirkungen auftreten.

Zu den nichtmedikamentösen Behandlungsmethoden gehört die Elektrokrampftherapie (EKT). Bei der EKT löst der behandelnde Arzt einen Krampfanfall bei dem narkotisierten Patienten aus. Die Behandlungsmethode ist umstritten. Ein ebenso umstrittenes Verfahren ist die Lobotomie. Hier durchtrennt der Chirurg bei dem Patienten die Nervenbahnen, die Thalamus und Frontallappen im Gehirn verbinden. Als Nebenwirkung können erhebliche Persönlichkeitsveränderungen auftreten, sodass diese Methode so gut wie gar nicht mehr angewendet wird.

Die psychotherapeutische Behandlung von Schizophrenen hat das Ziel, den Einfluss äußerer Stressoren auf das psychische Wohlbefinden zu reduzieren. Die Patienten erhalten in einem supportiven Therapieansatz die Fähigkeit, ihren Alltag trotz Krankheit zu bewältigen. In die psychotherapeutische Behandlung fließen häufig verhaltenstherapeutische Elemente und gruppentherapeutische Verfahren ein. Da oft auch die Angehörigen unter der Schizophrenie der betroffenen Person leiden, kann eine Familientherapie sinnvoll sein. Arbeitstherapie, Ergotherapie und Soziotherapie können den Patienten bei der Strukturierung ihres Tagesablaufes helfen und sich so positiv auf die psychische Stabilität auswirken.

Schizophrenie – Vorbeugung

Eine wirksame Prävention ist derzeit nicht bekannt. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung ist jedoch für die Prognose der Erkrankung wichtig. Wenn ein Familienmitglied oder ein Freund sich in seinem Verhalten auffällig verändert, sollte ein Arztbesuch arrangiert werden. Dies stellt die Angehörigen häufig vor Schwierigkeiten, da schizophrenen Patienten oft die Krankheitseinsicht fehlt. In vielen Städten bietet der sozial-psychiatrische Dienst den Betroffenen in dieser Situation kompetente Hilfe an.

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