Schilddrüsenunterfunktion
Bei einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) werden zu wenig Schilddrüsenhormone gebildet
Krankheiten

Schilddrüsen­unterfunktion – Ursachen, Symptome und Therapie

Bei einer Schilddrüsenunterfunktion, in der medizinischen Fachsprache auch Hypothyreose genannt, bildet die Schilddrüse zu wenig Schilddrüsenhormone. Häufig liegt der Unterfunktion eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse zugrunde.

Was ist eine Schilddrüsen­unterfunktion?

Bei der Hypothyreose besteht eine Unterversorgung des Körpers mit den beiden Schilddrüsenhormonen Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3).

Grundsätzlich kann zwischen einer subklinischen und einer manifesten Schilddrüsenunterfunktion unterschieden werden.

Bei einer latenten bzw. subklinischen Hypothyreose finden sich noch ausreichend Schilddrüsenhormone im Blut. Der sogenannte TSH-Wert ist jedoch erhöht. TSH, das Thyreoidea-stimulierende Hormon wird in der Hypophyse gebildet und bei Abnahme der Schilddrüsenhormonkonzentration ins Blut ausgeschüttet. Ein Anstieg beim TSH weist also darauf hin, dass die Rezeptoren der Hypophyse einen Schilddrüsenhormonmangel im Blut registriert haben. Durch eine verstärkte Stimulation der Schilddrüse durch das TSH lässt sich dieser Mangel jedoch so ausgleichen, dass die Hormonkonzentration von T3 und T4 im Blut zunächst unauffällig bleibt.

Bei der manifesten Hypothyreose ist der TSH-Wert ebenfalls erhöht. Die Konzentration der freien Schilddrüsenhormone im Blut ist hingegen zu niedrig.
Die Unterfunktion der Schilddrüse ist eine der häufigsten Erkrankungen des Hormonsystems. Durchschnittlich zwei von 200 Menschen sind von einer Hypothyreose betroffen. Jedes Jahr kommt eins von 5000 Neugeborenen mit einer Schilddrüsenunterfunktion zur Welt.

Schilddrüsen­unterfunktion – Ursachen

Grundsätzlich kann man zwischen einer angeborenen und einer erworbenen Hypothyreose unterscheiden.

Eine angeborene Schilddrüsenunterfunktion entsteht durch eine fehlende oder unvollständig angelegte Schilddrüse, eine unzureichende Hormonproduktion oder Hormonausschüttung und in seltenen Fällen auch durch eine Hormonresistenz, bei der die T3-Hormonrezeptoren nicht auf das Schilddrüsenhormon reagieren.

Auch die erworbene Hypothyreose kann bereits im Kindesalter auftreten. Das Erkrankungsrisiko steigt jedoch mit dem Lebensalter an. Bei der erworbenen Hypothyreose kann zwischen primärer, sekundärer und tertiärer Form unterschieden werden.

Bei der primären Hypothyreose ist die Schilddrüse selbst Ursache der Unterfunktion. Eine solche primäre Hypothyreose entsteht zum Beispiel durch einen Selen– oder Jodmangel. Auch nach einer Schilddrüsenoperation oder nach einer Radiojodtherapie ist die Schilddrüse nicht mehr zur ausreichenden Hormonproduktion in der Lage, sodass hier ebenfalls eine primäre Hypothyreose entsteht. Diese kann ferner durch Thyreostatika, also Medikamente, die die Funktion der Schilddrüse hemmen, hervorgerufen werden. In diesem Fall spricht man von einer iatrogenen primären Hypothyreose.

Eine häufige Ursache ist zudem die Autoimmunthyreopathie vom Typ Morbus Hashimoto. Diese Autoimmunerkrankung führt zu einer chronischen Entzündung der Schilddrüse und infolge zu einer Schilddrüsenunterfunktion. Auch ein Tumor in der Schilddrüse kann zu einer Unterfunktion des Organs führen. Allerdings verursachen endokrine Tumore durch eine vermehrte Hormonproduktion häufiger eine Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose).

Deutlich seltener als die primäre Hypothyreose tritt die sekundäre Hypothyreose auf. Hier mangelt es aufgrund einer Hypophyseninsuffizienz an dem schilddrüsenstimulierenden Hormon TSH. Ebenso selten ist ein Mangel am thyrotropine releasing hormone, das im Hypothalamus gebildet wird und die Hypophyse zur Ausschüttung von TSH anregt. Diese Form der Schilddrüsenunterfunktion wird als tertiäre Hypothyreose bezeichnet.

Schilddrüsen­unterfunktion – Symptome

Die Beschwerden bei einer Schilddrüsenunterfunktion sind abhängig von dem Schweregrad der Erkrankung.

Kinder, die mit einer Hypothyreose auf die Welt kommen, sind zunächst klinisch unauffällig, da sie in ihrem Blut noch über Schilddrüsenhormone aus dem mütterlichen Kreislauf verfügen. In den ersten Lebenswochen zeigen sie jedoch eine zunehmende Trinkschwäche, Bewegungsarmut und Verstopfungen. Die Kinder schlafen sehr viel. Bleibt die Unterfunktion unentdeckt, ist sowohl die geistige als auch die körperliche Entwicklung gestört.

Die erworbene Schilddrüsenunterfunktion entwickelt sich oft schleichend. Zunächst zeigen sich Symptome wie Leistungsminderung und Konzentrationsschwäche. Die Betroffenen fühlen sich müde, schwach und antriebslos. Auch Verstopfung und eine Kälteintoleranz mit der Neigung zum Frieren sind typisch für eine Hypothyreose. Nicht selten ruft der Hormonmangel eine Depression hervor. Insbesondere ältere Patienten leiden unter depressiven Verstimmungen und Gedächtnisminderung. Bei einer depressiven Symptomatik sollte deshalb immer auch die Schilddrüsenfunktion abgeklärt werden.

Ein wegweisendes Symptom, das aber bei der Mehrzahl der Patienten mit einer Unterfunktion der Schilddrüse nicht auftritt, ist das Myxödem. Es handelt sich dabei um eine teigige Anschwellung der Haut, die durch eine Einlagerung von Glykosaminoglykanen hervorgerufen wird. Die Haut ist geschwollen, kühl, rau und trocken. Das Myxödem tritt insbesondere an den Extremitäten und im Gesicht auf.

Weitere charakteristische Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion sind chronische Verstopfungen, ein verlangsamter Puls, Gewichtszunahme, niedriger Blutdruck und eine raue Stimme. Bei Frauen können zudem Zyklusstörungen und Erkrankungen der Brustdrüsen auftreten. Männer leiden hingegen eher unter Erektionsstörungen und Libidoverlust.

Die schwerste Form der Hypothyreose ist das Myxödemkoma, auch als hypothyreotes Koma bezeichnet. Dieser lebensbedrohliche Zustand ist durch sehr leise Herztöne, einen langsamen Herzschlag, niedrigen Blutdruck und eine niedrige Körpertemperatur gekennzeichnet. Die Reflexe sind erloschen oder abgeschwächt und die Atmung ist sehr flach.

Bei 30 bis 70 Prozent aller Patienten mit einer Schilddrüsenunterfunktion findet sich eine Myopathie. Bei einer Myopathie ist die Muskulatur verändert. Grundsätzlich können hier vier Formen unterschieden werden: Hoffmann-Syndrom, Kocher-Debré-Semelaigne-Syndrom, Atrophe Form und Myasthenische Form. Symptome dieser Myopathien sind schmerzhafte Muskelkrämpfe und Muskelschwäche.

Schilddrüsen­unterfunktion – Therapie

Eine Heilung ist bei der angeborenen Hypothyreose nicht möglich. Die betroffenen Kinder müssen ihr Leben lang Schilddrüsenhormone einnehmen.

Auch eine erworbene Schilddrüsenunterfunktion wird in der Regel mit einer lebenslangen Substitution von Thyroxin (T4) behandelt. Neben der Therapie mit synthetischem Thyroxin ist ferner eine Behandlung mit Kombinationspräparaten mit T3 und T4 sowie eine Therapie mit natürlichen Schilddrüsenhormonen vom Schwein oder Rind möglich. Die Dosis muss dabei individuell an den Patienten angepasst werden. Üblicherweise erhalten die Patienten zunächst eine geringere Dosis Schilddrüsenhormone. Die Dosierung wird dann langsam gesteigert. Durch dieses Vorgehen sollen Nebenwirkungen vermieden werden. Im Rahmen dieser Dauersubstitutionsbehandlung erhalten die Patienten meist zwischen 50 und 150 µg Thyroxin pro Tag. Der basale TSH-Spiegel sollte nach zwei bis drei Monaten im Normalbereich liegen. Die Werte sind dann gut eingestellt, wenn sich der Patient wohlfühlt und die Symptome der Schilddrüsenunterfunktion verschwinden. Im weiteren Therapieverlauf sollte zunächst halbjährlich und später jährlich eine Kontrolle erfolgen. Bei Kindern mit Schilddrüsenunterfunktion sind hingegen enge Kontrollen der psychischen und körperlichen Entwicklung erforderlich.

Rund 15 bis 20 Prozent aller Patienten mit einer Schilddrüsenunterfunktion werden überbehandelt. Mangelnde ärztliche Kontrolle und eine eigenmächtige Erhöhung der Hormondosis durch die Patienten sind die beiden häufigsten Ursachen für eine solche Überdosierung. Bei einer überdosierten Behandlung rutschen die Patienten in eine Schilddrüsenüberfunktion mit Symptomen wie Nervosität, Herzklopfen, Osteoporose und Herzrhythmusstörungen bis hin zur Herzinsuffizienz.

Das Myxödemkoma ist ein akut lebensbedrohliches Krankheitsbild, das notfallmedizinisch behandelt werden muss. Patienten, die Anzeichen eines Myxödemkomas aufweisen, müssen sofort intensivmedizinisch betreut werden. Auf der Intensivstation werden die Vitalfunktionen der Betroffenen überwacht. Zudem erhalten die Patienten Glukokortikoide und Glukose. Gegebenenfalls erfolgt der Ausgleich des Elektrolythaushaltes. Bei Patienten, die eine Hypothermie aufweisen, wird eine Normalisierung der Körpertemperatur angestrebt. Häufig erhalten Patienten im Myxödemkoma intravenös Schilddrüsenhormone.

Schilddrüsen­unterfunktion – Vorbeugung

Einer Schilddrüsenunterfunktion durch Jodmangel lässt sich durch eine ausreichende Versorgung mit Jod vorbeugen. Die empfohlene Tagesdosis für Erwachsene liegt bei 200 μg. Während der Schwangerschaft und in der Stillzeit benötigen Frauen mehr Jod. Insbesondere Seefisch und Algen sind reich an Jod. In Jodmangelgebieten oder in der Schwangerschaft wird eine zusätzliche Zufuhr von Jod empfohlen. In Deutschland, Österreich und der Schweiz sind zur Prävention der Hypothyreose verschiedene Lebensmittel jodiert. Dazu gehören unter anderem Speisesalz und Milch. Allerdings zeigen sich durch die staatliche Salzjodierung auch negative Effekte wie ein erhöhtes Risiko für eine Schilddrüsenüberfunktion oder ein Schilddrüsenkarzinom.

Eine ebenso bedeutende Rolle wie das Jod spielt bei der Schilddrüsenhormonproduktion das Spurenelement Selen. Die Schätzwerte für eine angemessene Zufuhr liegen derzeit bei 30 bis 70 μg pro Tag. Zu den selenhaltigen Lebensmitteln gehören Innereien, Hühnereier, Fische und Meerestiere. Selen kommt zwar naturgemäß auch in Obst und Gemüse vor, da die Böden aber heutzutage eher selenarm sind, ist der Gehalt meist gering. Ein besonderes Risiko für einen Selenmangel besteht also bei Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren. Je nach Ernährung und Konstitution kann folglich eine Selensubstitution zur Prävention einer Hypothyreose sinnvoll sein.

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