Die Kieferchirurgie ist ein wichtiges Fachgebiet der Zahnmedizin. Aber wie genau kann sie eigentlich zur Erhaltung gesunder Zähne beitragen und wann reicht ein “normaler Zahnarzt” nicht aus?
Jeder weiß, dass es Kieferchirurgen gibt und dass diese irgendwas mit dem Kiefer und den Zähnen machen, was “normale Zahnärzte” in ihrer Praxis in der Regel wohl nicht machen können. Doch natürlich muss nicht jeder im Laufe seines Lebens zum Kieferchirurgen. Und selbst wer dort einmal war, ist sich oft nicht ganz so im Klaren darüber, welche Aufgaben Kieferchirurgen insgesamt so übernehmen und wie sie zur Zahngesundheit beitragen. Zeit, dass wir einmal etwas Licht ins Dunkel der Mundhöhle bringen.
Unterschied Kieferchirurg und andere Zahnmediziner
Zahnärzte, Kieferorthopäden, Kieferchirurgen – bei all diesen Begriffen kann man schnell einmal durcheinander kommen. Bevor die Behandlungsfelder der Kieferchirurgie betrachtet werden können, müssen wir uns also zunächst den drei bekanntesten Zahnmedizin-Spezialisten zuwenden.
Der allgemeine Zahnarzt ist ein Absolvent des Studiums der Zahnmedizin. Sein Tätigkeitsfeld ist die Prävention, Behandlung und Nachsorge von Zahn-, Mund- und Kiefererkrankungen. Die Aufgaben eines Zahnarztes umfassen somit nicht nur die Zähne, wie der Name zunächst vermuten lässt, sondern eben auch beispielsweise den Kiefer oder das Zahnfleisch. Zahnärzte haben die Möglichkeit, sich in (eigenen) Praxen niederzulassen oder in Zahnkliniken angestellt zu sein. In Zahnzentren kommen oft diverse Spezialisten zusammen, die im Bereich der Zahnmedizin individuelle Bildungswege beschritten haben. Wenn Zahnärzte sich auch um den Kiefer kümmern, warum gibt es dann noch Spezialisten hierfür?
Kieferorthopäden sind keine reinen Kieferspezialisten, sondern Zahnärzte, die ihren Schwerpunkt auf den Kiefer gelegt haben. Das heißt, ihre täglichen Aufgaben drehen sich vor allem um das Bewegen der Zähne. Und hier in erster Linie um das Herstellen von Zahnspangen. Da es dafür eine Menge Fachkenntnis benötigt, macht es Sinn, Zahnärzte und Kieferorthopäden voneinander zu trennen. Und genau das ist in Deutschland eben auch der Fall.
Kieferchirurgen wiederum dürfen sich erst nach einem Abschluss in der Allgemeinmedizin, sowie der Zahnmedizin und schließlich einem umfangreichen Studium der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (kurz: MKG) als solche bezeichnen. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich und der Schweiz gelten diese strengen Voraussetzungen, die für einen langen Ausbildungsweg sorgen.
Behandlungsfelder der Kieferchirurgie
Dieser lange Studien- und Ausbildungsweg sorgt schließlich dafür, dass viele Zahnmediziner sich davon abschrecken lassen. Der DGMKG, der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie e.V. fasst so auch nur rund 1900 Mitglieder – eine vergleichsweise geringe Zahl. Doch das bedeutet eben auch, dass Kieferchirurgen fast immer gleich nach dem Abschluss viele Patienten und eine Menge zu tun bekommen.
Der Aufgabenbereich der Kieferchirurgen ist dabei breit gefächert und kann von der reinen Diagnostik, über chirurgische Eingriffe, bis hin zu ästhetischen Maßnahmen rund um den Kiefer reichen.
Einige typische Behandlungsfelder der Kieferchirurgie sind:
- Zahnfehlstellungen
- die Entfernung von Weisheitszähnen
- infektiöse Erkrankungen
- Unfallverletzungen
- Krebserkrankungen im Mundbereich
- Knochenbrüche
- Schluck- und Kaustörungen
- die Entfernung von Zysten und Fremdkörpern
- Parodontosebehandlungen
- die Sanierung von Gebissen
In der modernen Kieferchirurgie werden zur Behandlung dieser und anderer Kiefer- und Zahnerkrankungen verschiedene Methoden eingesetzt. Bei der Diagnostik können gerade in fortschrittlichen Praxen zum Beispiel 3D-Bildgebungsverfahren zum Einsatz kommen. Mit ihnen kann minimal-invasiv vorgegangen werden. Das bedeutet, dass der Eingriff so gering wie nur möglich ausfällt. Auch kleinere Eingriffe, wie die Korrektur von Tränensäcken und Schlupflidern, werden von Kieferchirurgen übernommen. Allerdings übernehmen Zahnzusatzversicherungen etwa den Einsatz von Botox aus ästhetischen Gründen nicht.
Wann zum Kieferchirurgen?
Es gibt einige Krankheiten rund um die Zähne und den Kiefer, bei denen sich der Besuch eines Kieferchirurgen lohnt. Alle können wir hier natürlich nicht aufzählen, wollen aber drei Beispiele nennen.
Weisheitszähne
Ein typischer Zeitpunkt, um einen Kieferchirurgen aufzusuchen ist, wenn Weisheitszähne entfernt werden müssen, oder diverse Beschwerden mit sich bringen. In der Regel lässt sich dieser Zustand durch regelmäßige Gesundheits-Checks und in diesem Fall eben Vorsorgeuntersuchungen beim Zahnarzt vermeiden. Dennoch kommt es immer wieder vor, dass die Zähne sich beispielsweise in kürzester Zeit entzünden oder die Operation aus irgendwelchen Gründen schwierig ist. Manche Zahnärzte klären Patienten dann über den Stand der Dinge auf und überlassen ihnen die Wahl, zu einem Kieferchirurgen zu gehen oder die Operation vom Zahnarzt durchführen zu lassen. Andere wiederum überweisen direkt an einen Kieferchirurgen. Sowohl bei komplizierteren Weisheitszahn-OPs, als auch bei der Entfernung mehrerer Zähne im Allgemeinen, ist es grundsätzlich eine gute Idee, einen Kieferchirurgen aufzusuchen.
Zahnimplantate
Zahnimplantate sind künstliche Zahnwurzeln, die in den Kieferknochen eingesetzt werden. Dadurch lassen sich einzelne oder mehrere Zähne nebeneinander und sogar ganze Zahnreihen ersetzen. Auf Zahnimplantaten können auch Einzelkronen, Brücken, Teil- und Vollprothesen befestigt werden. In der Regel lohnt es sich, einen Kieferchirurgen aufzusuchen, um Implantate in optimaler Weise einsetzen zu lassen.
Vorteile von Implantaten
- Implantate fühlen sich fast so an, wie die eigenen Zähne und sie sind für andere kaum als Implantate erkennbar.
- Dadurch, dass die künstlichen Zahnwurzeln direkt im Kieferknochen verankert werden, bieten sie außerdem festeren Halt als einfache Brücken, Teil- oder Vollprothesen.
- Ganz im Gegensatz zu vielen herkömmlichem Zahnersatzarten wird bei der Befestigung von Implantaten vermieden, dass angrenzende Zähne durch Beschleifungen beschädigt werden.
Zahnfleischtransplantation beim Kieferchirurg
Verschiedene Auslöser können dafür sorgen, dass Zahnhälse oder Zahnwurzelbereiche im Mundraum freigelegt werden, das heißt, dass das Zahnfleisch sich hier zurückbildet. Je nachdem, wie stark der Rückgang des Zahnfleisches ist, oder wie er sich darstellt, kann es nötig und sinnvoll sein, Zahnfleischtransplantationen vorzunehmen. Dabei wird beispielsweise eine kleine Menge körpereigenen Gewebes – etwa aus dem Gaumen – entnommen und an die gewünschte Stelle verpflanzt. Alternativ kann zum Beispiel auch benachbartes Gewebe verschoben und an der gewünschten Stelle fixiert werden, um eine Transplantation im herkömmlichen Sinne zu vermeiden.
Meistens ist das neue Gewebe nach einer Einheilung nicht mehr von dem umgebenden Gewebe zu unterscheiden. Die Eingriffe erfüllen jedoch nicht rein ästhetische Zwecke, sondern verringern auch die Überempfindlichkeit der Zähne. Außerdem fördern sie die Funktion des Zahnhalteapparates.
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