Weitsichtigen Menschen fällt das Sehen in der Nähe schwer. Die Weitsichtigkeit wird in der medizinischen Fachsprache auch als Hypermetropie oder Hyperopie bezeichnet.
Was ist Weitsichtigkeit?
Die Weitsichtigkeit ist genau wie die Kurzsichtigkeit eine Form der Fehlsichtigkeit.
Während kurzsichtige Menschen weit entfernte Objekte unscharf wahrnehmen, zeigt sich die Sehschwäche bei Menschen mit einer Weitsichtigkeit vor allem bei den Gegenständen in der Nähe. Die Ursache ist eine zu geringe Brechkraft von Hornhaut, Glaskörper und Augenlinse oder eine Fehlbildung des Augapfels. Normalerweise weist das Auge eine Brechkraft von 60 bis 65 Dioptrien (dpt) auf. Weicht die Dioptrienzahl von diesem Wert ab, so liegt eine Fehlsichtigkeit vor. Je höher die Abweichung, desto ausgeprägter ist die Sehschwäche. Bei der Weitsichtigkeit ist der Brechwert positiv und wird dementsprechend mit einem Pluszeichen gekennzeichnet. So haben Menschen mit +0,75 dpt eine schwache Weitsichtigkeit, während beispielsweise ein Wert von +4 dpt für einen ausgeprägteren Sehfehler spricht.
Schätzungen zufolge sind in den westlichen Industriestaaten zwischen 20 und 25 Prozent der Bevölkerung weitsichtig. Damit gehört die Weitsichtigkeit zusammen mit der Kurzsichtigkeit zu den häufigsten Fehlsichtigkeiten.
Weitsichtigkeit – Ursachen
Das Sehen ist ein sehr komplexer Vorgang. Damit schlussendlich ein scharfes Bild entsteht, arbeiten Augen und Gehirn eng zusammen. Das Licht, das von den Gegenständen der Umgebung reflektiert wird, gelangt durch die Hornhaut, die Pupille, die Linse und den Glaskörper zur Netzhaut. Die Pupille reguliert, wie viel Licht die Netzhaut erreicht. Die Linse ist hingegen für die Bündelung der Lichtstrahlen verantwortlich.
Für ein scharfes Bild müssen die Lichtstrahlen genau an einem Punkt direkt auf der Netzhaut zusammenlaufen. Beim gesunden Auge treffen die Lichtstrahlen am schärfsten Punkt des Sehens auf die Netzhaut. Bei der Weitsichtigkeit liegt dieser Brennpunkt allerdings hinter der Netzhaut. Die Folge ist ein unscharfes Bild. Dafür gibt es zwei verschiedene Ursachen.
Bei der Achsenhypermetropie ist der Augapfel zu kurz. Die Brechungs-Weitsichtigkeit basiert hingegen auf einer verminderten Brechkraft der Linse. Sowohl die Achsenhypermetropie als auch die Brechungshyperopie sind größtenteils genetisch bedingt. Bei beiden Formen der Weitsichtigkeit sind eigentlich nicht nur die Bilder in der Nähe, sondern auch in der Ferne unscharf. Das die meisten weitsichtigen Menschen jedoch in der Ferne durchaus scharf sehen können, ist der Akkommodationsfähigkeit des Auges geschuldet. Über den sogenannten Ziliarmuskel kann die Augenlinse ihre Brechkraft verändern. Dadurch kann der Sehfehler in der Ferne korrigiert werden. Der Anteil, der durch die Akkommodation ausgeglichen werden kann, wird auch als latente Hyperopie bezeichnet. Jedoch nimmt die Akkommodationsfähigkeit der Linse durch einen Elastizitätsverlust im Alter ab. Die Brechkraft sinkt und auch das Sehen in der Ferne fällt dann schwer. Ab einem Alter von 40 Jahren macht sich die fehlende Akkommodationskraft auch bei Menschen ohne Fehlsichtigkeit bemerkbar. Man spricht hier auch von der Alterssichtigkeit (Presbyopie).
Weitsichtigkeit – Symptome
Ob sich die Hyperopie negativ auf die Sehfähigkeit auswirkt, hängt vor allem vom Schweregrad der Fehlsichtigkeit und dem Alter der Betroffenen ab. Die Sehschwäche nimmt mit dem Alter spürbar zu. Insbesondere beim Lesen oder Arbeiten bemerken die Betroffenen die Einschränkung beim Sehen. Sie benötigen einen weiten Abstand, um Gegenstände scharf wahrnehmen zu können. Deshalb halten Menschen mit einer Weitsichtigkeit beispielsweise Bücher oder Zeitschriften beim Lesen weit von sich oder wählen bei der Arbeit am Computer einen weiten Sitzabstand. Der bevorzugte Leseabstand beträgt zwischen 30 und 40 Zentimetern.
Durch die ständige Akkommodation des Auges kommt es zu einer Überbeanspruchung der Augenmuskulatur und damit zu Ermüdungserscheinungen wie Brennen oder Schmerzen im Bereich der Augen. Weitsichtige Menschen leiden zudem häufig unter Kopfschmerzen. In jungen Jahren bereitet die Akkommodation der elastischen Linse wenig Schwierigkeiten. Jedoch kommt es durch die Arbeit des Ziliarmuskels nicht nur zu einer Veränderung der Linsenform, sondern zugleich auch zu einer Einwärtsbewegung des Augapfels. Wird der Sehfehler nicht rechtzeitig korrigiert, beginnen die Betroffenen zu schielen.
Bei weitsichtigen Kindern besteht die Gefahr einer bleibenden Sehschwäche (Amblyopie). Häufig ist die Fehlsichtigkeit auf beiden Augen unterschiedlich stark ausgeprägt. Das weitsichtige Kind nutzt in diesem Fall vor allem das besser sehende Auge. Dadurch kann die Sehfähigkeit auf dem schlechter sehenden Auge deutlich nachlassen. Diese Sehschwäche lässt sich später auch mit Sehhilfen nicht mehr komplett korrigieren.
Bei einer Achsenhyperopie ist ferner das Risiko für das Glaukom (Grüner Star) erhöht. Durch eine Abflussstörung des Kammerwassers kommt es dabei zu einem starken Druckanstieg in der Augenkammer.
Weitsichtigkeit – Therapie
Die Weitsichtigkeit lässt sich durch das Tragen von Kontaktlinsen oder einer Brille korrigieren. Dabei kommen vorwiegend Sammelgläser oder Sammellinsen mit einem positiven Brechwert zum Einsatz. Die nach außen gebogenen Linsen oder Gläser bündeln die einfallenden Lichtstrahlen schon bevor sie auf die Hornhaut des Auges gelangen. So treffen diese wieder in einem Punkt auf die Netzhaut und ergeben dort ein scharfes Bild. Wenn die Akkommodationskraft des Auges nachlässt, können bifokale Brillengläser oder Kontaktlinsen genutzt werden. Diese korrigieren sowohl die Fehlsichtigkeit in der Nähe als auch in der Ferne.
Die Weitsichtigkeit lässt sich in einigen Fällen auch mit einer Laseroperation beheben. Dafür eignet sich zum Beispiel das LASIK-Verfahren. LASIK ist eine gängige Abkürzung für Laser-Assistierte In Situ Keratomileusis. Während der Operation löst der Augenchirurg zunächst eine dünne Schicht der Hornhaut und klappt diesen sogenannten Flap um. Anschließend trägt er mit dem Laser Teile der Hornhaut ab und klappt den Flap wieder wie einen Deckel zurück. Durch diesen Vorgang verstärkt sich die Krümmung der Hornhaut. Infolge wird die Brechkraft erhöht. Allerdings eignet sich das LASIK-Verfahren nicht für alle Patienten. Voraussetzung ist eine ausreichende Hornhautdicke. Ferner müssen die Patienten vor der Operation über einen längeren Zeitraum einen konstanten Dioptrien-Wert aufweisen. Wie jede Operation ist auch der LASIK-Eingriff mit Risiken behaftet. So können Infektionen und eine erhöhte Blendungsempfindlichkeit nach der Operation auftreten. In seltenen Fällen können sich Narben auf der Hornhaut bilden. Diese Komplikation lässt sich nur durch eine Hornhauttransplantation beheben.
Bei einer sehr starken Weitsichtigkeit kann alternativ eine künstliche Linse, eine sogenannte intraokulare Kontaktlinse, vor die eigene Linse in das Auge gesetzt werden. Dadurch erhöht sich die Brechkraft der eigenen Linse. Ebenso kann die körpereigene Augenlinse auch durch eine Kunstlinse ersetzt werden. Dieser clear-lense-exchange ist vor allem bei älteren Weitsichtigen oder bei Menschen, die zu einem grünen Star neigen, indiziert.
Weitsichtigkeit – Vorbeugung
Eine Prävention ist nicht möglich. Eine frühzeitige Korrektur der Fehlsichtigkeit kann jedoch Folgeerscheinungen wie Schielen, Kopfschmerzen oder brennenden Augen vorbeugen.
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