Die Blutvergiftung wird in der medizinischen Fachsprache auch als Sepsis bezeichnet. Es handelt sich dabei um eine systemische Entzündung des Körpers, die durch Bakterien, Pilze oder Bakteriengifte verursacht wird.
Was ist eine Blutvergiftung?
Die umgangssprachliche Bezeichnung Blutvergiftung wird für eine systemische Ausbreitung von Krankheitserregern oder ihren Giftstoffen über die Blutgefäße im gesamten Körper genutzt.
Grundlage der Sepsis ist immer eine Infektion. Das kann zum Beispiel eine eitrige Wunde, eine Hirnhaut- oder eine Lungenentzündung sein. Im Normalfall kann das körpereigene Immunsystem die Krankheitserreger, die diese Infektion verursacht haben, bekämpfen, sodass die Krankheit meist folgenlos ausheilt. Bei einer Sepsis ist dies jedoch nicht möglich. Das Abwehrsystem schafft es nicht, alle Krankheitserreger zu eliminieren. Infolge können sich die Erreger oder auch ihre Toxine ungehindert im Körper ausbreiten. Dadurch allein entsteht jedoch noch keine Blutvergiftung. Erst durch die massive Reaktion des Immunsystems auf die Ausbreitung der Erreger entwickelt sich eine Sepsis. Im Verlauf kommt es zu lebensgefährlichen Störungen der Organfunktion. Es droht ein Multiorganversagen.
In Deutschland erkranken jedes Jahr mehr als 150.000 Menschen an einer Sepsis. Die Sterberate liegt bei 36 Prozent, sodass jährlich über 50.000 Menschen an den Folgen der Blutvergiftung sterben. Somit ist die Sepsis die dritthäufigste Todesursache in Deutschland. Allerdings taucht sie in den Sterbestatistiken nicht auf, da dort ausschließlich die Grunderkrankungen aufgeführt werden. Die hohe Sterberate begründet sich auf die oft uncharakteristischen Symptome der Blutvergiftung. Diese sind vor allem zu Beginn der Erkrankung sehr vieldeutig, sodass die Sepsis häufig nicht rechtzeitig erkannt wird.
Blutvergiftung – Ursachen
Grundsätzlich kann fast jede Art von Infektion eine Blutvergiftung zur Folge haben. So kann sich beispielsweise nach einem Harnwegsinfekt, einer Lungenentzündung oder einer Blinddarmentzündung eine Blutvergiftung entwickeln. Doch auch kleinere Verletzungen oder eine eitrige Zahnentzündung sind mögliche Ursachen. Zu den hauptverantwortlichen Bakterien gehören Staphylococcus aureus, Escherichia coli, Pseudomonia species und Streptokokken.
Eine Infektion allein verursacht jedoch noch keine Blutvergiftung. Es liegt zusätzlich immer ein Versagen des körpereigenen Abwehrsystems vor. Die Wahrscheinlichkeit und das Ausmaß einer Blutvergiftung hängen von verschiedenen Faktoren ab. So spielen die Zahl und die Pathogenität der Erreger eine Rolle. Die Pathogenität ist die Fähigkeit von Bakterien, Viren oder Pilzen, den Körper krank zu machen. Je mehr Erreger in den Körper eindringen und je pathogener diese sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, eine Blutvergiftung zu entwickeln.
Auch der Zustand der körpereigenen Immunmechanismen spielt bei der Entstehung der Erkrankung eine Rolle. Normalerweise ist das Abwehrsystem des Körpers in der Lage, die eingedrungenen Erreger zu eliminieren. Bei einer eingeschränkten Immunabwehr oder einer starken Infektion mit vielen und sehr pathogenen Erregern, kann sich jedoch auch aus augenscheinlich harmlosen entzündlichen Infektionen eine Sepsis entwickeln. Auch das Eindringen der Bakterien bzw. Pilze oder Toxine in Körperregionen, die eher schlecht geschützt sind, kann eine systemische Infektion begünstigen. Zu diesen Körperregionen gehören um Beispiel die Bauchhöhle, das Gehirn oder auch die Lunge.
Bei einem Versagen der Immunabwehr kommt es zu einer Ausbreitung der Infektion über den Blutkreislauf. Aus der Lokalinfektion wird eine lebensbedrohliche systemische Infektion. Bei einer Lokalinfektion sind die Entzündungsreaktionen des Körpers durchaus sinnvoll, bei einer systemischen Infektion bilden sie jedoch die eigentliche Grundlage der Sepsis. Es kommt zu einer überschießenden Reaktion, die zu einer Entzündung des gesamten Körpers führt, die Erreger aber nicht bekämpft.
Blutvergiftung – Symptome
Insbesondere zu Beginn der Sepsis sind die Symptome sehr schwer zu erkennen. Häufig stehen noch die Symptome der ursächlichen Infektion im Vordergrund. So leiden die Patienten bei einer Lungenentzündung beispielsweise unter Husten, bei einem Harnwegsinfekt treten Schmerzen beim Wasserlassen auf.
Die ersten Symptome der Sepsis sind nicht spezifisch und werden somit schnell übersehen. Die Haut der Patienten erwärmt sich, manchmal tritt zusätzlich ein Hautausschlag auf. Dieser zeigt sich vor allem bei Vergiftungen mit Meningokokken. Es bilden sich kleine rötliche Flecken verteilt auf dem Körper. Später verschmelzen diese zu größeren bläulichen Flecken, die in ihrer Erscheinung einem Bluterguss ähneln. Es kommt zu hohem Fieber über 38 Grad Celsius, oftmals in Kombination mit Schüttelfrost. Doch auch ohne Fieber kann eine Sepsis vorliegen. Insbesondere bei sehr alten oder sehr jungen Patienten mit einer Blutvergiftung zeigt sich eher eine Untertemperatur (Hypothermie) mit einer Körpertemperatur unter 36 Grad Celsius.
Die Patienten erscheinen im Krankheitsverlauf zunehmend verwirrt. Sowohl Atmung als auch Herzschlag werden schneller. Man spricht hier von einer Hyperventilation bzw. von einer Tachykardie. Der Allgemeinzustand der Patienten ist schlecht, die Hautfarbe ist blass oder sogar gräulich.
Bleibt die Sepsis unbehandelt, greifen die massiven Entzündungsreaktionen auf lebenswichtige Organe über. Bei einem Befall der Leber kann es zu einem Ikterus, einer Gelbfärbung der Haut, kommen. Die Sepsis kann ferner die Nierenfunktion beeinträchtigen, sodass schlussendlich ein Nierenversagen droht.
Die bedrohlichste Form der Blutvergiftung ist der septische Schock. Durch die hohe Erregerzahl im Blut oder durch die große Menge an Erregertoxinen werden verschiedene Teile des Immunsystems aktiviert. Zudem werden Stoffe ausgeschüttet, die unter anderem Auswirkungen auf die Körpertemperatur, die Herztätigkeit und den Gefäßzustand haben. Darunter befinden sich auch gerinnungsaktivierende Substanzen. Die aktivierte Blutgerinnung verschlechtert die Mikrozirkulation in den kleinen Blutgefäßen, was eine Störung der Organdurchblutung zur Folge hat. Durch die mangelnde Durchblutung der Organe und den dadurch entstehenden Sauerstoffmangel in den Organen steigt die Laktat-Konzentration im Blut an. Es entsteht eine sogenannte metabolische Azidose. Darauf reagiert der Körper mit einer Steigerung der Atemfrequenz und des Herzzeitvolumens. Durch die gefäßerweiternden Substanzen und den Abfall des Blut-pH-Wertes stellen sich die Blutgefäße weit. Das Blut versackt folglich in den kleinen Gefäßen des Körpers. Infolge fallen die Blutdruckwerte stark ab, das Schockgeschehen ist nicht mehr aufzuhalten. Der septische Schock ist durch die Symptome der Sepsis und durch einen Schockindex größer 1 gekennzeichnet. Der Schockindex ist der Quotient aus Puls und systolischem Blutdruck. Das bedeutet, dass der Puls ansteigt, der Blutdruck jedoch abfällt. Eine fortschreitende Minderversorgung des Organismus ist die Folge. Die Prognose des septischen Schocks ist äußerst schlecht, die Letalität liegt trotz Behandlung bei mehr als 60 Prozent. Die Überlebenden erleiden häufig Langzeitschäden durch die mangelnde Versorgung von Leber, Lunge oder Nieren.
Blutvergiftung – Therapie
Eine Sepsis ist eine lebensbedrohliche Erkrankung, die eine intensivmedizinische Behandlung erfordert. Die Therapie beginnt in der Regel schon vor dem Nachweis des Erregers, da eine frühzeitige Behandlung die Überlebenswahrscheinlichkeit der Patienten erhöht.
Falls ein septischer Schock vorliegt, hat die Schockbehandlung oberste Priorität. Die Patienten werden in Schocklage gelagert. Dabei erfolgt eine Hochlagerung der Beine um 30 Grad in Rücken- oder Seitenlage. Zudem erhalten die Patienten eine Volumensubstitution mit Elektrolytlösungen, künstlichen oder körpereigenen Kolloiden, um dem Blutdruckabfall entgegenzuwirken. Falls die Volumensubstitution zur Blutdrucksteigerung nicht ausreicht, können Vasopressoren wie Noradrenalin oder Vasopressin genutzt werden. Kann auch mithilfe dieser Maßnahmen kein adäquater Blutdruck erreicht werden, kommt Cortisol zum Einsatz. Verschiedene klinische Untersuchungen belegen, dass Patienten durch die Gabe von Cortisol besser auf Noradrenalin und andere Katecholamine reagieren. Jedoch ist der Einsatz von Cortisol durchaus mit Komplikationen und Risiken verbunden, sodass den aktuellen Leitlinien zur Sepsis zur Folge, eine Cortisoltherapie ausschließlich als ultima ratio genutzt werden sollte.
Gleich zu Beginn erfolgt ebenfalls eine hochdosierte und kalkulierte Antibiotikatherapie mit einer breiten Abdeckung. Sobald ein Antibiogramm des Erregerstammes vorliegt, kann gegebenenfalls auf eine spezifischere antibiotische Medikation gewechselt werden.
Eine wichtige Rolle in der Therapie der Blutvergiftung spielt zudem die Sanierung des Infektionsherdes. Falls dieser nicht gefunden wird, gelangen von dort immer wieder neue Bakterien und/oder Toxine in die Blutbahn. So muss ein Abszess beispielsweise chirurgisch entfernt werden, ein infizierter Katheter wird ausgetauscht. Nicht immer ist es jedoch möglich, den Infektionsherd zu identifizieren. Die Prognose ist in diesen Fällen infaust. Das bedeutet, dass der Zustand des Patienten keine Heilung ermöglicht.
Die Early Goal-Directed Therapy (EGDT) ist ein weiteres Behandlungskonzept, das bei der Therapie einer schweren Sepsis zum Einsatz kommt. Die Patienten erhalten in den ersten sechs Stunden der Therapie vermehrt Flüssigkeit, Bluttransfusionen und den inotropisch wirkenden Arzneistoff Dobutamin. Ziel ist eine frühzeitige Stabilisierung des Herz-Kreislauf-Systems und damit die Prävention eines septischen Schocks.
Blutvergiftung – Vorbeugung
Eine Sepsis lässt sich nur sehr schwer verhindern. Schlussendlich kommt jeder Mensch täglich mit Millionen von Bakterien in Kontakt. Warum sich bei einigen Infektionen eine Sepsis entwickelt und andere eventuell sogar schwerwiegendere Infektionen folgenlos ausheilen, konnte noch nicht abschließend geklärt werden. Eine Stärkung der körpereigenen Abwehrkräfte kann jedoch in einem gewissen Maße einer Ausbreitung der Krankheitserreger entgegenwirken. Eine ausgewogene Ernährung mit vielen Nährstoffen, Mineralien, Vitaminen und Spurenelementen spielt hier eine wichtige Rolle. Auch ausreichend Schlaf sowie regelmäßige Bewegung im Alltag können die Abwehr stärken.
Wenn eine Infektion oder eine Entzündung vorliegt, sollte diese schnellstmöglich behandelt werden. Insbesondere Menschen mit einer Abwehrschwäche, ältere Menschen sowie Menschen, die immunsupprimierende Medikamente einnehmen, sollten besonders aufmerksam die Ausheilung einer Infektion verfolgen. Sobald sich bei einer infektiösen Erkrankung oder einer Entzündung die Symptome im Krankheitsverlauf verschlimmern, sollte ein Arzt aufgesucht werden.
Auch eine schmerzende, gerötete und geschwollene Wunde in Kombination mit Fieber ist ein Warnzeichen. Schon bei dem kleinsten Verdacht auf eine Sepsis sollte sofort ein Arzt aufgesucht werden. Je früher die Blutvergiftung erkannt und behandelt wird, desto größer sind die Überlebenschancen.
Menschen, denen die Milz operativ entfernt wurde, weisen ein erhöhtes Risiko für Blutvergiftungen auf. Hier können ebenso wie bei abwehrgeschwächten Menschen Impfungen gegen die häufigsten Erreger der Sepsis, beispielsweise gegen Pneumokokken, sinnvoll sein.
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