Die Stoffwechselerkrankung Diabetes mellitus ist auch als Blutzuckerkrankheit bekannt. Die Erkrankung beruht auf einer Insulinresistenz bzw. auf einem Insulinmangel und geht mit einem chronisch erhöhten Blutzuckerspiegel einher.
Was ist Diabetes mellitus?
Der Diabetes mellitus, im Volksmund oft als Zuckerkrankheit bezeichnet, ist eine chronische Erkrankung des Stoffwechsels. Weltweit sind mehr als 400 Millionen Menschen von der Krankheit betroffen. In Deutschland liegt der Anteil der Patienten, die wegen Diabetes behandelt werden müssen, bei knapp neun Prozent. Die Zahl an Diabetespatienten steigt stetig an. Insbesondere die Erkrankungszahlen bei den jüngeren Patienten zeigen einen rasanten Anstieg.
Im Wesentlichen kann beim Diabetes mellitus zwischen dem Typ 1 und dem Typ 2 unterschieden werden. In etwa 95 von 100 Fällen liegt der Typ 2 vor. Der Diabetes mellitus Typ 1 ist somit wesentlich seltener anzutreffen. Darüber hinaus gibt es noch Diabetesformen, die sehr selten auftreten. Dazu gehört zum Beispiel der sogenannte Gestationsdiabetes (Schwangerschaftsdiabetes) oder der medikamentös-chemisch induzierte Diabetes mellitus.
Die Bezeichnung Diabetes mellitus beschreibt das Hauptsymptom der Erkrankung: die Ausscheidung von Zucker im Urin. Diabetes mellitus bedeutet aus dem Griechischen und dem Lateinischen übersetzt “honigsüßer Durchfluss”. Bereits die Ärzte der Antike in Rom, Alexandria oder Indien diagnostizierten die Erkrankung anhand einer Geschmacksprobe des Harns. Der Urin bei Diabetes-Patienten weist ab einem bestimmten Blutzuckerspiegel einen süßlichen Geschmack auf. Diese Diagnosemethode wurde auch im Jahr 1675 noch von dem bekannten englischen Arzt Thomas Willis genutzt. Trotz dieser langen Geschichte, ist die Diabetologie erst seit 2003 eine anerkannte Facharztrichtung.
Diabetes mellitus – Ursachen
Bei den Ursachen muss klar zwischen dem Diabetes Typ 1 und dem Diabetes Typ 2 unterschieden werden. Der Diabetes mellitus vom Typ 1 ist ein multifaktorielles Geschehen. Das bedeutet, dass an seiner Entstehung sowohl genetische Faktoren als auch Umweltfaktoren beteiligt sind. Bislang konnten Forscher mehr als 20 Gene ausfindig machen, die mit der Entstehung der Stoffwechselerkrankung korrelieren. In der Regel müssen mehrere dieser genetischen Veränderungen vorliegen, damit die Erkrankung wirklich zum Ausbruch kommt. Eine entscheidende Rolle spielen vermutlich genetische Veränderungen auf dem Chromosom 6 in der MHC-Region. Der Diabetes mellitus Typ 1 ist eine Autoimmunreaktion. Das Immunsystem richtet sich dabei gegen die insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse. Zu einer solchen Autoimmunreaktion kommt es normalerweise dann, wenn das Immunsystem auf ein körperfremdes Antigen trifft, das einem körpereigenen Oberflächenprotein gleicht. In diesem Fall gleicht das Antigen also dem Oberflächenprotein der Inselzellen der Bauchspeicheldrüse. Für verschiedene Umweltfaktoren konnten solche Zusammenhänge belegt werden. Dazu gehören unter anderem Viren wie Coxsackie-B-Viren, das Cytomegalievirus oder Herpesviren. Auch Atemwegsinfektionen im Säuglingsalter und Vitamin-D-Mangel bei Kleinkindern sind Risikofaktoren für die Entstehung eines Diabetes Typ 1. Ebenso werden von Experten als auslösende Umweltfaktoren der Konsum von Kuhmilch in den ersten drei Lebensmonaten und der frühe Kontakt mit dem Klebereiweiß Gluten genannt. Aufgrund der autoimmunologischen Zerstörung der Inselzellen kommt es beim Diabetes Typ 1 zu einem absoluten Insulinmangel.
Beim Diabetes Typ 2 liegt dieser nicht vor. Hier findet sich die Ursache der hohen Blutzuckerwerte in einer Insulinresistenz der Zellen. Insulin ist zwar vorhanden, es kann aber nicht mehr richtig wirken. In den ersten Jahren der Erkrankung kompensiert die Bauchspeicheldrüse diesen Zustand durch die Produktion von mehr Insulin. Irgendwann ist die Kapazität des Organs aber erschöpft und die produzierte Insulinmenge reicht nicht mehr aus, um den Blutzucker auf einem normalen Niveau zu halten. Zu diesem Zeitpunkt manifestiert sich der Diabetes Typ 2. Ebenso wie der Diabetes Typ 1 ist auch der Diabetes Typ 2 multikausal. Früher wurde der Typ-2-Diabetes häufig als Altersdiabetes bezeichnet. Angesichts der steigenden Erkrankungsraten bei Kindern und Jugendlichen ist das nicht mehr zeitgemäß. Die Hauptursache des Typ-2-Diabetes ist Übergewicht. Insbesondere das vermehrte Bauchfett um die Leber oder die Bauchspeicheldrüse gilt als Risikofaktor. Die meisten Patienten mit Typ-2-Diabetes weisen eine angeborene Insulinempfindlichkeit auf. Diese verstärkt sich durch das Übergewicht dann zu einer Insulinresistenz. Auch unabhängig vom Körpergewicht spielt die Ernährung eine entscheidende Rolle. So erhöht eine fett- und zuckerhaltige Ernährung immer das Risiko an Diabetes zu erkranken. Neben genetischen Faktoren scheinen auch verschiedene Faktoren in der Lebensweise an der Entstehung der Erkrankung beteiligt zu sein. Stress, Vitamin-D-Mangel und frühzeitiges Abstillen gehören zu den Faktoren, die das Diabetesrisiko erhöhen können.
Diabetes mellitus – Symptome
Lange Zeit können die noch intakten Zellen der Bauchspeicheldrüse beim Diabetes mellitus Typ 1 die fehlende Produktion der zerstörten Inselzellen ausgleichen. Erst wenn 80 Prozent der insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse zerstört sind, reicht das Insulin nicht mehr aus, um den Zucker aus dem Blut in die Zellen zu schleusen. Innerhalb von wenigen Tagen bis Wochen entwickeln die Patienten dann die charakteristischen Symptome eines Typ-1-Diabetes. Dazu gehören starker Gewichtsverlust, starker Durst und dementsprechend auch ein häufiger Harndrang. Die Betroffenen sind müde und abgeschlagen und klagen über eine trockene und juckende Haut. Auch Übelkeit, Erbrechen und Bauchschmerzen sind typische Symptome. Bei einer Entgleisung des Blutzuckerspiegels kann sich beim Typ-1-Diabetiker das sogenannte ketoazidotische Koma entwickeln. Da die Bauchspeicheldrüse nur noch sehr wenig oder kein Insulin mehr produziert, können die Zellen keinen Zucker aus dem Blut aufnehmen. Der Körper versucht den dadurch entstehenden Energiemangel durch den Abbau von Eiweißen und Fetten zu kompensieren. Bei diesen Stoffwechselprozessen entstehen jedoch saure Stoffwechselprodukte wie zum Beispiel Ketonkörper. Es kommt zu einer Übersäuerung und einer verstärkten Abatmung von Kohlendioxid. Die Patienten im ketoazidotischen Koma riechen deswegen nach Aceton aus dem Mund. Dieser Geruch ähnelt dem Duft von Obstessig. Typisch ist auch die Kussmaulatmung. Es handelt sich dabei um eine besonders tiefe Atmung, die sich durch eine Hyperventilation äußert.
Der Diabetes-Typ-2 macht zu Beginn kaum Symptome und bleibt deshalb häufig lange unentdeckt. Der Körper versucht den Anstieg des Blutzuckerspiegels durch eine vermehrte Urinausscheidung auszugleichen. Dadurch gehen jedoch auch größere Mengen Flüssigkeit verloren. In der Folge müssen die Patienten häufig Wasserlassen und haben großen Durst. Schwäche und trockene Haut sind weitere Anzeichen für einen Diabetes mellitus Typ 2. Die Zuckerkrankheit schwächt zudem das Immunsystem, sodass Diabetiker anfälliger für Infektionskrankheiten sind. Sie leiden öfter unter Fußpilz, Erkältungen oder Wundheilungsstörungen. Wundheilungsstörungen weisen aber nicht nur auf ein geschwächtes Immunsystem, sondern auch auf Durchblutungsstörungen hin. Bei einem länger bestehenden Diabetes mellitus Typ 2 schädigen die großen Zuckermengen im Blut sowohl die Gefäße als auch das Nervensystem. Aufgrund dieser Schädigungen kann der Typ-2-Diabetes zahlreiche Folgeerkrankungen nach sich ziehen. Dazu gehören unter anderem Herzinfarkt, Schlaganfall, Schäden der Netzhaut bis hin zu Erblindung, Nervenschäden mit Kribbeln, Brennen oder Taubheitsgefühlen (diabetische Neuropathie), Nierenschäden und der diabetische Fuß.
Diabetes mellitus – Therapie
Diabetiker vom Typ-1 müssen das fehlende Hormon Insulin in Form von künstlichen Insulinpräparaten zuführen. Das Ziel dieser Insulintherapie ist nicht die Heilung der Erkrankung, sondern lediglich die Substitution des Hormons. Insulin kann mithilfe von Spritzen, Insulinpens, Fertigpens und Insulinpumpen zugeführt werden. Während die Patienten früher in der konventionellen Insulintherapie eine bestimmte Menge Insulin immer zu festgesetzten Zeiten spritzen mussten, findet heutzutage eher eine funktionelle Insulintherapie statt. Diese bietet insbesondere den Typ-1-Diabetikern eine größere Selbständigkeit. Auch die kontinuierliche subkutane Insulininfusion mit der Insulinpumpe gehört zu den fortschrittlichen Therapieformen bei der Behandlung des Diabetes mellitus Typ 1.
Oberste Priorität beim Typ-2-Diabetiker ist es, die Insulinresistenz unter anderem durch eine Gewichtsreduktion und durch vermehrte Bewegung zu verringern. Eine medikamentöse Therapie sollte den Leitlinien der Deutschen Diabetes-Gesellschaft zufolge erst dann erfolgen, wenn diese konservativen Methoden ausgeschöpft sind. Fast die Hälfte aller neu diagnostizierten Diabetiker können mit einer Gewichtsabnahme von zehn Kilogramm einen normalen Nüchternblutzucker vollkommen ohne medikamentöse Therapie erreichen. Lässt sich mit diesen Modifikationen des Lebensstils kein ausreichender Erfolg erzielen, beginnt die medikamentöse Therapie in der Regel mit Metformin. Alternativ können Insulinpräparate, DPP4-Inhibitoren, andere Sulfonylharnstoffe oder Glinide zum Einsatz kommen. Lässt sich auch hiermit der Blutzuckerspiegel nicht dauerhaft senken, erfolgt eine Kombinationstherapie mit Metformin und Insulin, Glibenclamid oder DPP4-Inhibitoren. Tritt hier ebenfalls keine Besserung ein, muss die Insulin- und Kombinationstherapie intensiviert werden.
Diabetes mellitus – Vorbeugung
Da der Diabetes-Typ-1 überwiegend genetisch bedingt ist bzw. die Entstehung noch nicht vollständig geklärt werden konnte, ist derzeit keine wirkungsvolle Prävention bekannt.
Anders sieht es beim Diabetes mellitus Typ 2 aus. Die Entstehung dieser Form lässt sich durch eine gesunde und bewusste Lebensweise verzögern oder sogar komplett verhindern. Eine bewusste und gesunde Ernährung sowie ausreichende Bewegung bieten einen wirkungsvollen Schutz. Wer unter Übergewicht leidet, sollte eine Gewichtsabnahme anstreben, um das eigene Diabetesrisiko zu reduzieren. Eine spezielle Diabetesdiät gibt es dafür nicht. Empfehlenswert ist jedoch eine ballaststoffreiche und zuckerarme Vollwertkost.
Bildnachweis: © Andrey_Popov / shutterstock.com