Wirbelgleiten
Beim Wirbelgleiten sind Wirbel gegeneinander verschoben.
Krankheiten

Wirbelgleiten – Ursachen, Symptome und Therapie

Das Wirbelgleiten nennt man in der medizinischen Fachsprache Spondylolisthesis oder Spondylolisthese. Es handelt sich dabei um eine Instabilität der Wirbelsäule.

Was ist Wirbelgleiten?

Beim Wirbelgleiten liegt eine Instabilität der Wirbelsäule vor. Wie der Name es schon erahnen lässt, verrutschen beim Wirbelgleiten ein oder mehrere Wirbel der Wirbelsäule. Das obere Teilstück der Wirbelsäule verrutscht dabei über den Wirbelkörper, der unterhalb des Gleitwirbels liegt, in Richtung des Bauchs (Ventrolisthesis oder Anterolisthesis). Verschiebt sich der Abschnitt der Wirbelsäule hingegen nach hinten, liegt eine Retrolisthesis vor. Am häufigsten können gleitende Wirbel im Bereich der Lendenwirbelsäule beobachtet werden. Das liegt daran, dass die Lendenwirbelsäule zum einen das meiste Gewicht tragen muss und zum anderen eine große Beweglichkeit und somit auch Anfälligkeit für Schäden aufweist. Häufig ist die Spondylolisthese ein Zufallsbefund, der keine Beschwerden hervorruft. Je nach Stärke des Wirbelgleitens können jedoch durch die Irritation von Nerven im Bereich der Wirbelsäule Schmerzen oder andere Symptome entstehen.

Wirbelgleiten – Ursachen

Die Spondylolisthese kann verschiedene Ursachen haben. Grob lässt sich zwischen angeborenen und erworbenen Formen unterscheiden. Angeborenen Spondylolisthesen liegt eine Fehlentwicklung der Wirbel zugrunde. Bei der dysplastischen Form ist der Übergang zwischen der Lendenwirbelsäule und dem Kreuzbein gestört. Bei der isthmischen Form ist ein Teil der Wirbelbögen nur verknorpelt und nicht verknöchert. Eine Fraktur dieser Schwachstelle führt zu einem Abgleiten des betroffenen Wirbelkörpers.

Erworbene Formen können auf eine Arthrose zurückgehen. Die verschleißbedingten Veränderungen im Zwischenwirbelraum, die bei einer Spondylarthrose auftreten, führen zu einem Abgleiten des Wirbelkörpers. Auch verletzungsbedingte Brüche innerhalb der Wirbelbögen können ein Wirbelgleiten zur Folge haben.

In einigen Fällen tritt das Wirbelgleiten nach Wirbelsäulenoperationen auf. Veränderungen im operierten Wirbelsäulensegment können die Stabilität der Wirbelsäule beeinträchtigen. Dasselbe gilt für Knochenerkrankungen, die mit einer verminderten Knochenfestigkeit einhergehen. Dazu gehört zum Beispiel die Osteoporose. Hier sind vor allem ältere Menschen vom Wirbelgleiten betroffen. Das Überstrecken des Oberkörpers stellt für die Wirbelsäule eine besondere Belastung dar. Das wiederholte Ausführen von Überstreckungsbewegungen kann mit der Zeit die Wirbelstruktur und die Struktur der Zwischenwirbelgelenke verändern. Im jüngeren Alter sind vor allem Kinder und Jugendliche gefährdet, die Leistungssport in Bereichen wie Trampolin, Leichtathletik oder Geräteturnen betreiben.

Wirbelgleiten – Symptome

Die Spaltbildung (Spondylolyse), die dem eigentlichen Wirbelgleiten vorausgeht, verläuft häufig ohne Beschwerden. Eventuell leiden die Betroffenen unter uncharakteristischen Rückenschmerzen. Das eigentliche Wirbelgleiten wird in vier Schweregrade unterteilt. Bei Grad I sind weniger als 25 Prozent verschoben. Hier treten keine oder nur wenige Beschwerden auf. Auch der Grad II, bei dem 25 bis 50 Prozent verschoben sind, geht mit keinen oder wenig Beschwerden einher. Eine starke Beschwerdesymptomatik tritt auf, wenn 51 bis 75 Prozent (Grad III) oder mehr als 75 Prozent (Grad IV) verschoben sind. Der charakteristische, tief sitzende Rückenschmerz entsteht durch das Aufeinanderreiben der verschobenen Wirbel. Der Schmerz nimmt bei den typischen Alltagsbewegungen zu. Auch die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule nimmt ab. Häufig fühlen sich Patienten mit Wirbelgleiten unbeweglich und steif. Wenn ein Wirbel so stark verrutscht, dass er eine Nervenwurzel einklemmt, können Taubheitsgefühle, Kribbeln oder andere Missempfindungen in den Armen oder Beinen entstehen. Typisch sind in diesem Fall ausstrahlende Schmerzen. Die gleitenden Wirbel können den Wirbelkanal einengen. Man spricht hier von einer Spinalstenose. Da durch den Wirbelkanal das Rückenmark verläuft, sind neurologische Störungen die Folge. In schweren Fällen kann es zu einem Kontrollverlust der Blasen- und Darmfunktion mit Inkontinenz oder auch zu Impotenz kommen.

Mehr als die Hälfte aller Menschen mit Gleitwirbeln ist jedoch beschwerdefrei. Insbesondere Patienten mit angeborenem Wirbelgleiten leiden nur selten unter Schmerzen. Dennoch ist es insbesondere bei Jugendlichen mit Rückenschmerzen in der Pubertät wichtig, das Wirbelgleiten als Ursache auszuschließen.

Wirbelgleiten – Therapie

Bei Patienten mit einer Spaltbildung oder maximal einem Wirbelgleiten vom zweiten Grad wird konservativ ohne Operation behandelt. Die Betroffenen sollten keine Sportarten mit Überstreckungsbewegungen ausüben. Mithilfe von Krankengymnastik werden speziell die Muskelgruppen trainiert, die die Wirbelsäule stabilisieren und so ein Verschieben der Wirbel verhindern. Rückenschonende Sportarten wie Schwimmen, Nordic Walking oder Radfahren sind ebenfalls empfehlenswert. In einigen Fällen hat es sich als sinnvoll erwiesen, die Wirbelsäule mithilfe eines Korsetts ruhigzustellen.

Falls die gleitenden Wirbel die umliegenden Nervenwurzeln reizen, kann der Arzt entzündungshemmende und schmerzlindernde Medikamente verordnen. Mittel der Wahl sind hier die nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR). Mit entzündungshemmenden Wirkstoffen wie beispielsweise Kortison kann der behandelnde Arzt zudem sogenannte periradikuläre Injektionen durchführen. Dabei wird das Arzneimittel in die unmittelbare Nähe der Nervenwurzel gespritzt.

Bleiben die Beschwerden trotz der konservativen Behandlung bestehen oder schreiten die Gleitprozesse weiter fort, ist eine Operation nötig. Auch Lähmungserscheinungen und andere motorische Ausfälle sind eine Operationsindikation. Der Chirurg versucht in der Operation den Wirbelkörper an seine normale Position zurückzuführen. Anschließend wird der Wirbel in dieser Position verblockt. Es ist zu beachten, dass diese Spondylodese zu einer Versteifung des entsprechenden Wirbelsäulensegments und dadurch auch zu einem Bewegungsverlust führt. Der Eingriff erfolgt üblicherweise über einen vorderseitigen oder über einen rückwärtigen Wirbelsäulenzugang. Neben der Wirbelsäulenversteifung birgt die Operation weitere Nachteile. So können die Schrauben, die zur Stabilisierung der Wirbelsäule eingesetzt werden, die Nerven verletzen. Eine übermäßige Narbenbildung im Bereich der Nervenwurzeln und des Rückenmarks kann zudem starke Schmerzen verursachen. Diese Komplikationen werden unter dem Begriff Failed back surgery-Syndrome zusammengefasst.

Wirbelgleiten – Vorbeugung

Falls das Wirbelgleiten auf die Ausübung einer rückenbelastenden Sportart zurückgeht, kann eine sportorthopädische Beratung sinnvoll sein. Häufig helfen schon spezielle Vorübungen, Kräftigungsprogramme und Dehnübungen dabei, die Wirbelsäule zu stabilisieren. Menschen mit einer genetischen Veranlagung zur Spondylolisthesis sollten jedoch eher weniger belastende Sportarten ausüben.

Gezieltes Training für die Bauch- und die Rückenmuskulatur eignet sich gut als Präventionsmaßnahme. Denn kräftige Muskeln halten und stabilisieren die Wirbelsäule, sodass die Wahrscheinlichkeit von Wirbelgleiten gering ist. Auch rückenschonende Sportarten wie Schwimmen oder Radfahren wirken sich positiv auf die Haltung und die Stabilität der Wirbelsäule aus.

Bildnachweis: © nito / shutterstock.com